Pandemiefolgen

Proteste gegen den Infektionsschutz: Inwiefern die politische Abschaffung von demokratieoriertem Protest längst erfolgreich war

Proteste gegen den Infektionsschutz: Inwiefern die politische Abschaffung von demokratieoriertem Protest längst erfolgreich war

Wie erfolgreich oligarisch strukturierte Republiken seit langem in ihrer Demokratieverhinderungsoption sind – das Muster einer solchen Republik sind die USA, deren Gründungsväter ausdrücklich eine Republik statt einer Demokratie wollten und in der Wahlen die Voten der Bevölkerung nicht spiegeln, sondern filtern sollten – zeigt nunmehr sich in dreifacher Hinsicht: sprachlich, als Anspruchsbeliebigkeit und als Tautologisierung des Protests.

Sprachlich gilt es als Zeichen von Intellektualität, so dass statt „Ich möchte bemerken…“ gesagt wird: „Ich würde sagen…“, ohne dass dabei der fehlende Bedingungssatz genannt wird („Wenn das und das gegeben ist, dann würde ich sagen…“). Mit dem inflationären Gebrauch von „Ich würde sagen…“ wird auch der primäre Verfassungswert der Menschenwürde ad absurdum geführt. Die intellektualistische wirkende Formel „Ich würde sagen…“ drückt einen sich als Sprachakt selbst durchstreichenden Sprechakt aus. Ohne dass es die individuellen Sprecherpersonen bemerken, wird ein Akt auf Mitteilungsverzicht vollzogen. „Ich würde sagen…“ impliziert, dass ich gar nichts äußere, denn die Voraussetzungen der Gültigkeit werden in eine dem Sprecher unbekannte Zukunft verschoben.

Die Anspruchsbeliebigkeit der Berufung auf „Demokratie“ nach dem Muster „Demokratie ist, wenn…“ entspricht der Entwertung des Signifikanten. Dies folgt jedoch aus der Tatsache, dass es keine von allen Staatsangehörigen akzeptierte Definition von Demokratie gibt. Wo Definitionsmangel herrscht, entsteht automatisch eine Vervielfältigung beliebiger Ansprüche auf das, was undefiniert bleibt.

Tautologisierung des Protests: Im Deutschlandfunk werden inzwischen mit aller Ernsthaftigkeit Debatten darüber geführt, dass Proteste gegen die Pandemieauflagen mit der Begründung als legitim erklärt werden, dass jeder das Recht habe, im Namen des ihm verfassungsmäßig gewährten Meinungsartikulationsrechtes zu protestieren. Wogegen also wird protestiert, außer im Namen eines Protestrechtes? Der Inhalt des Protests entfällt und wird durch Recht auf Protest ersetzt. Proteste existieren jedoch nur durch Inhalte. Ein Protest mit dem Inhalt des Protests ist tautologisch, denn das Protestrecht kann nicht noch einmal erstritten werden, da es ja von der Verfassung einmal gewährt wurde. Die Tatsache jedoch, dass den Protestierenden ein tautologisches Protestrecht zugebilligt wird, zeigt einen Leerlauf jenes verlorenen Signifikanten der Demokratie im Namen der Demokratie.

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