Philosophisch-politische Fragen

„Wir glauben das Übel erst dann, wenn es gekommen ist.“ Überschwemmungen und weitaus mehr Katastrophen

„Wir glauben das Übel erst dann, wenn es gekommen ist.“ Überschwemmungen und weitaus mehr Katastrophen

1. Nicht allein in Deutschland, sondern auch in Belgien, den Niederlanden, Österreich und China gab es Mitte Juli 2021 lebensgefährliches Hochwasser. Kluge Kommentatoren weisen darauf hin, dass im Unterschied zu Griechenland oder Polen, in denen jeder Bürger auf seinem Smartphone rechtzeitig gewarnt wird, herrscht in Deutschland nicht allein die Wassergefahr, sondern ebenso eine informationelle Katastrophe. Daher wurden hierzulande die Rufe nach einer zentralen Katastrophensteuerung lauter.

2. Doch machen wir uns nichts vor: Es zählt nicht allein ein Verhalten beim Nahen von Bedrohung; es zählt primär die Einstellung. Wie aber verhält es sich damit? Der französische Dichter Jean de La Fontaine, der für seine Fabeln bekannt ist, fasste im 17. Jahrhundert dazu als Merksatz zusammen: „Nous ne croyons le mal que quand il est venu“. Wir glauben das Übel erst dann, wenn es gekommen ist. La Fontaine zerstört mit diesem Satz zugleich die Grundlagen unseres Annehmens und Vermutens. Wenn das Übel dabei ist, uns oder unsere Habe zu vernichten, dann benötigen wir keinen Glauben mehr. Dann nämlich nehmen wir die Zerstörungen wahr.

3. Das Auftreten von Starkregen in Europa und China bildet eine Folge jener Erderhitzung, die bereits vor 30 Jahren so vorausgesagt wurde, wie sie sich inzwischen ereignet. Offenbar hat man wenig gelernt. Oder doch? Man errichtet auch Maßnahmen des Schutzes. Schutz wovor? Wenn die Klimaänderung umfassend ist, dann wird jede Schutzvorrichtung bald ein Anachronismus.

4. Auch aus der Pandemie wurde gelernt, nämlich mit der Impfung der Bevölkerung. Allerdings zeigt sich hierbei ein Gegensatz. Während Großbritannien alle Schutzmaßnahmen aufhebt, werden Spanien, die Niederlande und Italien zugleich zu Hochrisikogebieten erklärt. Die Frage drängt sich auf: Waren die Lernvorgänge ein am Ende kläglicher Schein?

5. Inzwischen gibt es jedoch auch ein Wort, dass alle menschlichen Bestrebungen bündelt, das alle unsere Energie zusammenfasst, uns nun mehr dauerhaft gegen alle Bedrohungen wehrhaft zur Wehr zu setzen. Es lautet: Anpassung an den Klimawandel. Bisher wurde stets eine militärische Metapher verwendet, nämlich die des Kampfes. Man bekämpfte alles: Terrorismus, Armut, Arbeitslosigkeit, Krankheit und man wollte auch Klimawandel bekämpfen. In der Tat zeigt das Zauberwort der Anpassung an den Klimawandel eine Änderung des Lernverhaltens an. Anpassung bildet eine Beschreibung aus der Evolutionsbiologie. So, wie aus Haaren der Fische sich im Laufe von Millionen Jahren Federn zum Fliegen der Vögel durch Anpassung bildeten, so besteht im Prinzip die Möglichkeit, dass die Menschen sich so an die Klimaänderung anpassen, dass diese nicht nur ihr Überleben sichert, sondern sogar ein Art höheres Dasein verschafft. Wie aus Fischen Vögel wurden, so könnten auch die Menschen sich in ein höheres Dasein entwickeln. Jeder, der nachdenkt, kennt die Antwort: Klimaänderung erfolgt rascher als vermutet, und den Menschen bliebt zu wenig Zeit, um mitzuhalten. Wenn sechs Meter hohe Wellen heranrollen, um unsere unsere Küstenstädte zu irreparabel zu beschädigen, dann werden uns Ressourcen fehlen, uns nachhaltig an den Klimawandel anzupassen.

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